Meine Xbox One habe ich vor einigen Wochen mit frischem Futter aus dem Hause Bethesda versorgt. In Wolfenstein – The New Order bin ich ohne jegliche Erwartung in das Spielgeschehen geschlüpft und wurde positiv überrascht. Warum? Das könnt ihr jetzt nachlesen.
Blazkowicz: DER Fels in der Brandung
Bei Wolfenstein – The New Order schlüpft ihr in die Rolle des tapferen und starken Soldaten William „B. J.“ Blazkowicz und bekämpft das Totenkopf-Regime. Allerdings „gewinnt“ das Regime in diesem Szenario den Krieg und eine fürchterliche Welt entwickelt sich in den kommenden Jahren. Das volle Ausmaß bekommt Blazkowicz jedoch erst viele Jahre nach Kriegsende mit, da er durch eine Verletzung am Kopf in einem Rollstuhl 14 Jahre vor sich hin vegetierte. In der Zeit haben sich die Nazis auf der ganzen Welt und sogar auf dem Mond ausgebreitet, was zwar etwas realitätsfern ist, aber nichts an Grausamkeit verliert. Nachdem die Nervenheilanstalt geschlossen werden soll, indem der Protagonist die letzten Jahre verbrachte, und alle Patienten kurzerhand erschossen werden, erwacht der Soldat kurz vor seiner Exekution wieder aus dem Wachkoma und geht seiner alten Berufung nach: Nazis töten. Zusammen mit einer kleinen Widerstandsgruppe, die sich nach und nach erweitert, macht sich Blazkowicz auf die Suche nach dem Führer des Regimes „Totenkopf“, den er ein für alle Mal erledigen möchte. Dabei stößt der Widerstand neben gut ausgerüsteten Soldaten auch auf Robotorhunde und andere fiktive Nazimaschinerie, die es wirklich in sich hat.
Ein erschreckendes „was wäre wenn-Szenario“, das durch den anderen Ausgang des Krieges ensteht, dabei aber nicht vollkommen ernst wirken kann. Grund dafür sind die gängigen Mythen wie beispielsweise die Sache mit dem Mond oder aber die wahnwitzige Maschinerie, mit denen die Faschisten auftrumpfen. In solchen Momenten dachte ich mir nur: „nicht euer Ernst!“. Negativ auf den Spielspaß hat es sich zum Glück nicht ausgewirkt.
Wie, keine automatische Heilung?
Einen wirklich schönen „Rückschritt“ haben die Leute in Punkto Lebensenergie vorgenommen. Stupides nach vorne Rennen und Ummähen der Gegner à la Call of Duty ist bei dem neuen Wolfenstein nicht mehr möglich. Die Energie regeneriert sich nur noch um einige Punkte und so ist der Spieler immer auf der Suche nach Healthpacks und Rüstung, die, zumindest auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad, auch ausreichend zur Verfügung steht. Dadurch lässt sich der Spieler für meine Begriffe mehr Zeit und nimmt auch etwas mehr von der Umwelt mit, was aber zugleich auch den Spielfortschritt enorm bremst. Weiter sorgt auch die geringere Munitionskapazität dazu, dass die Level genauer unter die Lupe genommen werden müssen. Niemand mag Nazi-Robotern ohne genügend Munition entgegenwirken. Echt niemand. Was natürlich bei keinem Spiel fehlen darf, sind die sammelbaren Gegenstände, die auch bei The New Order vorhanden sind. Manche geben zusätzliche Informationen zu der Geschichte bzw. der aktuellen Lebenssituation, andere schalten neue Modi frei.
Bevor ich an dieser Stelle fortfahre, noch ein paar Worte zu dem angeblichen „Uncut“. Was von Beginn an bekannt war und bei so ziemlich jedem Spiel gemacht wird, dass während dem zweiten Weltkrieg stattfindet, ist die Entfernung aller verfassungsfeindlicher Symbole, da Videospiele, im Gegensatz zu Filmen, nicht als Kulturgut dargestellt werden. Ansonsten wurden propagiert, dass das restliche Wolfenstein – The New Order zu 100% Uncut ist, was allerdings nicht stimmt. Schautman sich einmal die Szene im Ofen an, so entrinnt in der deutschen Version Blazkowicz alleine dem fast sicheren Tod. Bei anderen Versionen liegen dagegen noch zwei weitere Leichen neben ihm, weshalb auch hierzulande die Soundkulisse an dieser Stelle nicht ganz stimmt. Ebenfalls wurden die Rangnamen geändert und auch von Nazis ist nie die Rede. Für das Spiel sind die ganzen Einschränkungen auf keinen Fall schadhaft. Viel ärgerlicher dagegen empfinde ich die festgelegte deutsche Tonspur. Während dem Spielgeschehen bzw. beim zweiten Mal durchspielen hätte ich gerne auf die englische Sprache gewechselt und mir das stümperhafte Deutsch der Regime-Soldaten angehört.
Mit Köpfchen vorgehen
Wodurch sich das neue Wolfenstein ebenfalls von einigen Titeln der Konkurrenz abhebt, ist die Wahlfreiheit zwischen stumpfer Gewalt oder dem Schleichen während der Level. Vor allem letzteres eignet sich an vielen Stellen besonders gut, da Ranghöhere des Regimes Verstärkung rufen können. Diese werden am obereren rechten Bildschirmrand mit „Signal entdeckt“ und der jeweiligen Entfernung markiert. Die bösen Buben einfach leise ausschalten und schon kann Captain Blazkowicz seinem Rambowesen nachgehen und lauthals alles zu Kleinholz verarbeiten. Dafür stehen einem eine breite Auswahl an Waffen zur Verfügung, die allesamt gleichzeitig getragen werden können. Die Ausnahme hierbei stellen die MGs dar, die bei jedem Waffenwechsel abgelegt werden.
Im Laufe des Spiels erhält man durch bestimmte Kills Vorteile, die sich in vier Gruppen unterteilen lassen:
- Heimlichkeit
- Taktik
- Angriff
- Zerstörung
Beim Heimlichkeit zum Beispiel werden durch Kills mit dem Wurfmesser die tragbare Anzahl dieser erhöht oder der Spieler erhält Gesundheit, sobald er jemanden heimlich überwältigt. Dieser Fortschritt kann jederzeit im Menü überprüft werden.
Next-Gen wird nicht ausgereizt
Was auf die Xbox One zutrifft wird mit Sicherheit auch bei dem PC der Fall sein. Wolfenstein verpasst leider die Chance, grafisch die Konsole an ihre Grenzen zu bringen und einen echten Augenschmaus zu bieten. Zwar sehen vor allem die Cutscenes richtig gut aus und auch die Charaktere während dem Spielgeschehen lassen sich nicht lumpen, doch kleinere Details wie Papier auf dem Boden und andere Texturen sehen leider verwaschen aus. Hier hat mir persönlich ein wenig die Liebe zum Detail gefehlt. Ansonsten konnte ich mich mit dem Leveldesign recht schnell anfreunden, wenngleich die Routen von Zeit zu Zeit immer enger und weniger variabel werden.
Fazit
Wolfenstein – The New Order ist kein „Oldschool Shooter“, sondern pickt sich viel mehr einige alte Elemente heraus und verschwächt diese im neuen Teil. Die Story und das Gameplay sind eine Mischung aus ernster Pseudozukunft und dem typischen Nazi-Trash. Die größte und „schlimmste“ Schwäche zeigte das Spiel bei dem stellenweise auftretendem Texturenmatsch. Nichtsdestotrotz hat mich Wolfenstein sehr gut (11 Stunden um genau zu sein) unterhalten und ich bin von dem Spiel um Längen mehr angetan als von Watch Dogs, welches ich in den kommenden Tagen / Wochen rezensieren werde. Von mir gibt es daher für diesen Titel eine klare Kaufempfehlung (Amazon).